Der Zoom, ein Begriff, der oft im Zusammenhang mit Kameraspezifikationen fällt, ist in Wirklichkeit komplexer als es die Werbekampagnen der Hersteller vermuten lassen. Smartphone-Giganten wie Samsung werben heutzutage mit beeindruckenden Zoomfaktoren von 10x, 50x oder sogar 100x. Doch was steckt wirklich hinter diesen Zahlen? Ist eine solche Vergrößerung überhaupt technisch realisierbar? Um dies zu verstehen, müssen wir uns mit den fundamentalen Unterschieden zwischen optischem und digitalem Zoom auseinandersetzen.
Was bedeutet der Begriff „Zoom“ wirklich?
Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff „Zoom“ und was bedeuten Angaben wie 5x oder 10x? Aus der Perspektive der optischen Physik gibt es eigentlich keinen „Zoom“ in dem Sinne, wie er oft beworben wird.
Die Vergrößerungsfähigkeit einer Linse, also wie stark ein Objekt durch sie größer erscheint, hängt von ihrer Brennweite und dem daraus resultierenden Bildwinkel ab. Eine Linse mit längerer Brennweite (im Verhältnis zur Größe des Bildsensors) erfasst einen kleineren Bildausschnitt. Dadurch wirken entfernte Objekte näher als bei einer Linse mit kürzerer Brennweite.
Die Komplexität der Zusammenhänge führt dazu, dass Objektive nicht nach ihrer Vergrößerungsfähigkeit, sondern nach ihrer Brennweite angeboten werden.
Das Weitwinkelobjektiv des Huawei P40 Pro wird beispielsweise mit einem 0,6-fachen optischen Zoom beworben.
Der Begriff „Zoom“, wie wir ihn heute verwenden, ist im Grunde genommen ein Marketingkonzept, das vor allem durch Kompaktkameras populär wurde. Ursprünglich bezeichnete er das Verhältnis zwischen der kürzesten und längsten Brennweite eines Objektivs. Ein Objektiv mit 10-100 mm hatte somit einen 10-fachen Zoom, während ein 25-100 mm Objektiv einen 4-fachen Zoom aufwies. Dies bedeutete jedoch nicht zwangsläufig, dass ein 10-fach-Zoom die Dinge auch tatsächlich 10-mal größer erscheinen ließ.
Smartphone-Hersteller interpretieren den Begriff „Zoom“ jedoch etwas anders. Hier wird das Sichtfeld der Hauptkamera in der Regel als 1-fach-Zoom definiert. Smartphones wie das iPhone 11 Pro fügen sogar noch ein breiteres Objektiv hinzu und bezeichnen dieses als 0,5-fach-Zoom, anstatt auf den neuen Weitwinkel mit 1x zurückzusetzen.
Im Gegensatz zu Kompaktkameras kann man bei verschiedenen Smartphones mit 10-fach-Zoom also in der Regel von einer ähnlichen Vergrößerung ausgehen.
Das Huawei P40 Pro ist zusätzlich mit einem Periskop-Objektiv ausgestattet, das einen 5-fachen optischen Zoom ermöglicht.
Wer tiefer in die Thematik der Zoom-Berechnung eintauchen möchte, findet dazu weitere Informationen in speziellen Artikeln. Im Wesentlichen sollten wir uns jedoch merken, dass der „Zoom“ von der Brennweite eines Objektivs und der Sensorgröße abhängt – und somit ein Stück weit von der tatsächlichen Realität abweicht.
Doch worin liegt der Unterschied zwischen optischem und „echtem“ Zoom (wobei ich das Wort „Zoom“ der Einfachheit halber weiterhin verwende, aber eigentlich eine „scheinbare Vergrößerung“ oder ein „engeres relatives Sichtfeld“ meine)?
So funktioniert der optische Zoom
Optischer Zoom bedeutet, dass die physikalischen Eigenschaften eines Objektivs entfernte Objekte tatsächlich vergrößern. Ein Teleskop beispielsweise ist ein Paradebeispiel für optischen Zoom. Betrachtet man den Mond durch ein Teleskop, erscheint dieser größer, ohne dass es zu einem Qualitätsverlust kommt. Objekte werden einfach näher herangeholt.
Der optische Zoom wird durch Objektive mit langen Brennweiten erreicht, die in einem bestimmten Verhältnis zur Sensorgröße der Kamera stehen. Ein langes Teleobjektiv einer DSLR, wie es beispielsweise von Sportfotografen eingesetzt wird, weist eine Brennweite von 500 bis 1000 mm auf. Dies erklärt die enorme Vergrößerungsleistung.
Bei kleineren Kameras kann die Brennweite kürzer sein. Kompaktkameras können mit 100 mm Objektiven bereits einen beachtlichen optischen Zoom erzielen. Diese sind zwar immer noch relativ groß, aber deutlich kompakter als die Teleskopobjektive, die bei Sportveranstaltungen verwendet werden.
Smartphone-Hersteller haben in jüngster Zeit begonnen, Periskoplinsen für einen verbesserten optischen Zoom einzusetzen. Dadurch konnten 5-fach-Zoomobjektive (was in etwa der Vergrößerung eines 100 mm Objektivs bei einer DSLR entspricht) in Flaggschiff-Handys integriert werden, ohne dass diese dadurch dicker wurden. Eine wirklich bemerkenswerte Entwicklung.
Allerdings ist ein 5-fach Zoom noch weit entfernt von einem 100-fach Zoom. Wie schaffen es die Hersteller also, solche Zahlen zu erzielen?
So funktioniert der digitale Zoom
Wie bereits erwähnt, ist der Begriff „Zoom“ ein eher unpräzises Konzept. Der digitale Zoom nutzt diese Unschärfe voll aus. Im Wesentlichen beschneidet der digitale Zoom lediglich einen Bildausschnitt, wodurch die darin enthaltenen Objekte größer erscheinen, ohne dass zusätzliche Bildinformationen erfasst werden.
Betrachten wir beispielsweise die unten gezeigte Aufnahme mit einem iPhone Xs. Dieses Telefon verfügt über einen 2-fachen optischen und einen 10-fachen digitalen Zoom. Die gezoomte Aufnahme weist eine deutlich geringere Auflösung auf.
Hier liegt das Problem des digitalen Zooms. Während der optische Zoom ohne Verlust der Bildqualität vergrößert, kommt es beim digitalen Zoom zu einer Reduzierung der Qualität. Je stärker der Zoom, desto schlechter wird die Bildqualität.
Die Weiterentwicklung des Zooms
Dennoch hat der digitale Zoom seine Berechtigung. Der optische Zoom ist teuer und erfordert Kompromisse beim Design eines Smartphones. Periskop-Objektive sind eine relativ neue Entwicklung (zumindest im Smartphone-Bereich), daher gibt es noch einiges zu optimieren.
Um den digitalen Zoom zu verbessern und Qualitätsverluste zu minimieren, setzen Smartphone-Hersteller folgende Tricks ein:
- Hochauflösende Sensoren: Das Samsung Galaxy S20 verfügt über eine 64-Megapixel-Telekamera. Ein solcher Sensor mit hoher Auflösung ermöglicht es, mehr Bilddaten zuzuschneiden und somit einen größeren digitalen Zoom zu realisieren.
- Pixel-Binning: Hierbei werden mehrere Pixel zu einem einzigen Superpixel zusammengefasst, was die Bildqualität bei digital vergrößerten Aufnahmen verbessert, anstatt sie nur nachträglich zu beschneiden.
- KI und maschinelles Lernen: Diese Technologien sind im Bereich der Fotografie sehr vielversprechend. Kamerahersteller konnten damit die Qualität von digital gezoomten Bildern automatisch verbessern.
Hohe digitale Zoomstufen sind jedoch ohne optischen Zoom nicht möglich. Die beeindruckenden 50- und 100-fach-Zooms sind nur möglich, weil sie eine Kombination aus optischem und digitalem Zoom darstellen. Ein echtes optisches Objektiv übernimmt dabei einen Teil der Schwerstarbeit, während digitale Techniken für die sichtbare Vergrößerung sorgen.
Obwohl Samsung seine Zoomzahlen möglicherweise etwas beschönigt, gibt es tatsächlich erhebliche Fortschritte in der Objektivtechnologie, die einen Teil des Hypes rechtfertigen.
Den Zoom optimal nutzen
Der gegenwärtige Fokus auf den Kamerazoom bei Smartphones ist durchaus interessant, kann jedoch ab einem gewissen Punkt albern wirken.
Ein 5-fach oder sogar 10-fach optisches Zoomobjektiv eröffnet viele interessante Aufnahmemöglichkeiten. Es macht dedizierte Kameras sogar noch mehr zu einer Nischenangelegenheit. Mit einem solchen Zoom lassen sich beispielsweise spielende Kinder beim Sport, Wildtiere im Garten und andere Objekte, die man physisch nicht erreichen kann, gut fotografieren.
Während der digitale Zoom nicht per se schlecht ist (besonders wenn er nicht überstrapaziert wird), gibt es einige Nachteile bei zu starker Vergrößerung. Neben dem bereits erwähnten Qualitätsverlust werden Fotos schwieriger zu machen.
Bei einem 20- oder 30-fachen Zoom (was in etwa einer 1000 mm Brennweite bei einer DSLR entspricht) muss das Telefon extrem ruhig gehalten werden, um eine qualitativ hochwertige Aufnahme zu erzielen. Jede kleinste Bewegung führt zu einem verschwommenen Foto und das gewünschte Motiv bewegt sich schnell aus dem Bildausschnitt.
Zusätzlich sollte man bei guter Beleuchtung fotografieren. Bei schlechten Lichtverhältnissen ist für ein scharfes Foto ein Stativ erforderlich.
Es scheint, als würden die Smartphone-Hersteller weiterhin mit immer höheren Zoomzahlen konkurrieren. Es ist jedoch wichtig, immer zu prüfen, welcher optische Zoom tatsächlich zugrunde liegt, denn das ist der entscheidende Faktor.