Die Vielfalt der VPN-Protokolle: Ein Überblick
Die Welt der VPNs ist facettenreich und bietet eine Vielzahl an Protokollen. Doch welches Protokoll ist das richtige für Ihre Bedürfnisse? Die Antwort ist nicht immer einfach, da es nicht die eine Universallösung gibt, die in jeder Situation die beste Wahl darstellt. Die optimale Wahl hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Ihrem Gerät, Ihrer Netzwerkstruktur, Ihren Sicherheitsansprüchen und den geplanten Online-Aktivitäten.
Glücklicherweise ist es nicht notwendig, ein Netzwerkexperte zu sein, um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Protokolle zu verstehen. Im Folgenden werden die gängigsten VPN-Protokolle vorgestellt, ihre Stärken und Schwächen beleuchtet, um Ihnen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
WireGuard: Der aufstrebende Stern
WireGuard, ein relativ neues Protokoll in der VPN-Welt, hat sich schnell einen Namen gemacht. Der Fokus liegt hier auf Einfachheit und einem schlanken Design, wodurch ein Großteil der Komplexität von OpenVPN vermieden wird. Während OpenVPN eine Vielzahl von Verschlüsselungsalgorithmen verwendet, setzt WireGuard auf den leistungsstarken ChaCha20-Algorithmus. Der Unterschied in der Funktionalität ist für die meisten Nutzer kaum spürbar, jedoch bietet WireGuard deutliche Vorteile in Bezug auf die Leistung.
Die Verbindungszeiten sind mit wenigen Sekunden beeindruckend kurz, verglichen mit den 10-20 Sekunden, die andere Protokolle benötigen. In Geschwindigkeitstests zeigte WireGuard mindestens die doppelte Download-Geschwindigkeit im Vergleich zu OpenVPN. Viele Top-VPN-Anbieter setzen daher auf WireGuard oder eigene, darauf basierende Protokolle. Trotz der Vorteile hat WireGuard jedoch auch seine Grenzen. Es ist weniger flexibel als OpenVPN und kann Schwierigkeiten haben, Firewalls zu umgehen oder in Ländern mit VPN-Einschränkungen eine Verbindung herzustellen. Zudem wird WireGuard nicht von allen VPN-Anbietern oder Geräten unterstützt. Trotz dieser Einschränkungen bietet WireGuard eine hervorragende Kombination aus Sicherheit und Geschwindigkeit und ist daher eine empfehlenswerte Option.
OpenVPN: Der bewährte Klassiker
OpenVPN ist seit zwei Jahrzehnten ein fester Bestandteil der VPN-Welt. Mit seiner Vielseitigkeit, Sicherheit und Geschwindigkeit gehört es nach wie vor zu den führenden Protokollen. Ein großer Vorteil ist die Flexibilität von OpenVPN. Die Verbindungsparameter lassen sich umfassend konfigurieren, von der Wahl des Protokolls (UDP oder TCP) über den verwendeten Port bis hin zu den Verschlüsselungsalgorithmen. Die Flexibilität erfordert jedoch eine komplexe Codebasis, was OpenVPN im Vergleich zu anderen Protokollen aufwendiger macht. OpenVPN ist ein Open-Source-Projekt, wodurch die Transparenz und stetige Verbesserung des Protokolls gewährleistet werden. Trotz der Flexibilität und Sicherheit bringt OpenVPN einen höheren Overhead mit sich. Dies führt zu längeren Verbindungszeiten (10-20 Sekunden) im Vergleich zu modernen Protokollen wie IKEv2 oder WireGuard und zu geringeren Geschwindigkeiten. Trotz der genannten Einschränkungen ist OpenVPN für die meisten Nutzer eine hervorragende Wahl: flexibel, sicher, mit nützlichen Funktionen zur Umgehung von Firewalls und schnell genug für die meisten Anwendungsfälle. Wer jedoch Wert auf kurze Verbindungszeiten und maximale Download-Geschwindigkeiten legt, sollte WireGuard oder ein anderes modernes Protokoll in Erwägung ziehen.
L2TP/IPsec: Eine etablierte Alternative
L2TP (Layer 2 Tunneling Protocol)/IPsec (Internet Protocol Security), oft einfach als L2TP oder IPsec bezeichnet, ist ein VPN-Protokoll von Microsoft, das auf vielen Plattformen und Geräten genutzt werden kann. Es ist nicht so funktionsreich wie OpenVPN, aber dennoch ausreichend für viele Anwendungen. L2TP bietet zwar nicht die gleiche Auswahl an Verschlüsselungsalgorithmen wie OpenVPN, doch die Nutzung von AES bietet dennoch eine hohe Sicherheit. Im Gegensatz zu IKEv2 ist L2TP/IPsec nicht dafür ausgelegt, Firewalls zu umgehen, da es üblicherweise die UDP-Ports 500 und 4500 verwendet, welche leicht blockiert werden können. Zudem wurden im Jahr 2013 durch Edward Snowden Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von IPsec durch die NSA geäußert. Diese Umstände machen L2TP/IPsec weniger attraktiv. Für einfache Online-Aktivitäten wie Online-Shopping in öffentlichen WLANs ist es jedoch eine sichere und leicht einzurichtende Option. Jedoch sollten WireGuard, OpenVPN oder eigene Protokolle bevorzugt werden.
IKEv2: Der schnelle Allrounder
IKEv2, kurz für Internet Key Exchange Version Two / Internet Protocol Security, wurde von Microsoft und Cisco entwickelt und ist seit 2005 im Einsatz. Trotz seines Alters gilt es als sehr sicher. IKEv2 zeichnet sich durch seine schnellen Verbindungszeiten aus, die oft unter zwei Sekunden liegen. Dies macht es besonders interessant, wenn man das VPN häufig ein- und ausschaltet. Im Bereich der Download-Geschwindigkeiten kann IKEv2 OpenVPN übertreffen, bleibt aber hinter WireGuard zurück. IKEv2 ist ein guter Allrounder. Es bietet nicht die gleichen Konfigurationsmöglichkeiten wie OpenVPN oder die Geschwindigkeit von WireGuard, ist aber eine solide Option für Situationen, in denen andere Protokolle nicht in Frage kommen oder nicht verfügbar sind.
SSTP: Die Microsoft-Speziallösung
SSTP (Secure Socket Tunneling Protocol) ist eine von Microsoft entwickelte Technologie, die in Windows integriert ist. SSTP verwendet SSL und optional TCP und Port 443, um eine Erkennung zu vermeiden und die Verbindung in Umgebungen mit VPN-Einschränkungen herzustellen. Da SSTP jedoch ein proprietärer Microsoft-Standard ist, kann der Quellcode nicht auf Sicherheit überprüft werden. Zudem wird SSTP nicht von allen Plattformen oder VPN-Apps unterstützt. In der Regel gilt SSTP als sicher. Für Windows-Nutzer, die manuell eine VPN-Verbindung einrichten möchten, ist SSTP eine praktikable Lösung, jedoch sollte man, wenn möglich, OpenVPN wählen.
PPTP: Das Auslaufmodell
PPTP (Point-To-Point Tunneling Protocol) ist eines der ältesten VPN-Protokolle und wurde in den 1990er Jahren entwickelt. PPTP ist einfach aufgebaut, hat geringen Overhead und ist dadurch sehr schnell, was vor allem bei älteren Geräten von Vorteil sein kann. Im Laufe der Jahre wurden jedoch erhebliche Sicherheitsprobleme bei PPTP entdeckt. Microsoft empfiehlt Benutzern bereits seit 2012, auf ein anderes Protokoll umzusteigen. Daher haben die meisten VPN-Anbieter die Unterstützung für PPTP eingestellt. Es ist nicht sicher und sollte daher vermieden werden. In Situationen, in denen Sicherheit keine Rolle spielt, z. B. zum Entsperren einer Website, kann es jedoch nützlich sein. Hierbei sollte man aber sicherstellen, dass man zu etwas Besserem wechselt, bevor man mit Online-Banking oder ähnlichem beginnt.
Eigene Protokolle: Die Innovation der Anbieter
Einige große VPN-Anbieter haben eigene innovative Technologien entwickelt, statt auf Standardprotokolle zu setzen. ExpressVPN bietet Lightway an, NordVPN hat NordLynx, Hotspot Shield verwendet Catapult Hydra und VyprVPN hat sein Chamäleon-Protokoll. Diese Eigenentwicklungen sind ein positives Zeichen, da sie Unternehmen mit Ressourcen und technischem Know-how erkennen lassen, welche sich für ihre Kunden einsetzen. Allerdings sind die meisten proprietären Protokolle Closed Source. Benutzer müssen hierbei darauf vertrauen, dass der Anbieter weiß, was er tut, und keine Fehler im Code vorhanden sind. Die eigenen Protokolle sind in der Regel sehr sicher und liefern hohe Geschwindigkeiten. Einige Protokolle sind für spezielle Situationen konzipiert. Beispielsweise eignet sich Chameleon von VyprVPN gut für die Nutzung in China. Für den allgemeinen Gebrauch sind Lightway, NordLynx und Catapult Hydra sehr gut geeignet. Wenn man sich bei den entsprechenden Anbietern angemeldet hat, empfiehlt es sich, diese zu wählen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.