Macht der private oder Inkognito-Modus das Surfen im Web anonym?

Die Vorstellung von Privatsphäre ist relativ. Das wird besonders deutlich, wenn es um das sogenannte „private Surfen“ geht – eine Funktion in Webbrowsern, die verspricht, Ihren Browserverlauf vor anderen Nutzern desselben Computers zu verbergen.

Obwohl der private Modus (oft auch „Inkognito-Modus“ genannt) Ihre Online-Aktivitäten bis zu einem gewissen Grad verschleiern kann, gibt es dennoch Möglichkeiten, Ihre Handlungen nachzuverfolgen. Und zwar nicht nur von Personen in Ihrem lokalen Netzwerk, sondern auch von Ihrem Internetdienstanbieter (ISP), Regierungsbehörden und sogar von Hackern.

Was verbirgt sich hinter dem privaten Browsermodus?

Bevor wir tiefer in die Materie eintauchen, sollten wir den Begriff „privat“ oder „Inkognito“ genauer definieren. Diese Funktion wurde erstmals 2005 im Safari-Browser von Apple eingeführt. Es dauerte nicht lange, bis andere Browseranbieter wie Google und Mozilla nachzogen. Schnell etablierte sie sich als Standardfunktion in jedem Browser, der etwas auf sich hielt.

Das private Surfen erzeugt im Grunde eine separate Browsersitzung, die von Ihrer Hauptsitzung abgekoppelt ist. Die von Ihnen besuchten Webseiten werden nicht in Ihrem Geräteverlauf gespeichert. Melden Sie sich im privaten Modus auf einer Webseite an, werden die entsprechenden Cookies beim Schließen des Fensters nicht gespeichert.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dieses Prinzip in beide Richtungen wirkt. Private Browser-Tabs haben keinen Zugriff auf Cookies, die in der Hauptsitzung verwendet werden. Wenn Sie sich beispielsweise bei Facebook anmelden und dann in den Inkognito-Modus wechseln, müssen Sie sich erneut anmelden.

Diese Isolation erschwert es Webseiten von Drittanbietern, Ihre Aktivitäten im Inkognito-Modus zu verfolgen. Gleichzeitig können Sie so mehrere Webkonten parallel nutzen.

Zusätzlich wird es einfacher, sogenannte „weiche Paywalls“ zu umgehen – Webseiten, die Ihnen Zugriff auf einige Inhalte gewähren, bevor sie Sie zur Anmeldung oder zum Abschluss eines Abonnements auffordern.

Die Grenzen des Inkognito-Modus

Browser, die einen privaten Modus anbieten, betonen in der Regel, dass dieser nicht als umfassender Schutz zu verstehen ist. Im besten Fall bietet er eine dünne Schutzschicht für Nutzer, die sich in ihren privaten Heimnetzwerken bewegen.

Der Inkognito-Modus hindert Administratoren von Firmen- oder Bildungsnetzwerken nicht daran, Ihre Aktivitäten zu beobachten. Auch das Ausspionieren Ihrer Surfgewohnheiten in einem öffentlichen WLAN-Hotspot in einem Café oder Restaurant wird nicht unbedingt verhindert.

Der Fokus des privaten Surfens liegt ausschließlich auf der Speicherung von Surfdaten auf Ihrem persönlichen Gerät, nicht auf der Übertragung dieser Daten über ein Netzwerk.

Es gibt zudem Möglichkeiten, das private Surfen lokal zu umgehen. Wenn Ihr Computer mit Malware infiziert ist, die den Netzwerkverkehr und DNS-Anfragen verfolgt, kann der Inkognito-Modus Sie nicht schützen. Er ist auch kein Schutz gegen „Fingerprinting“-Techniken. Dabei versuchen Dritte (meist Werbenetzwerke) charakteristische Merkmale Ihres Computers zu identifizieren, um Ihre Aktivitäten im Netz nachzuverfolgen.

Fingerprinting ist ein interessantes Phänomen. Es scheint weniger Aufmerksamkeit zu erregen als Malware und Trojaner, obwohl es in der Lage ist, Personen mit bemerkenswerter Präzision zu lokalisieren. Wenn Sie im Internet surfen, können Webseiten von Drittanbietern Informationen über Ihren Computer abrufen, wie zum Beispiel Ihre Zeitzone, Bildschirmauflösung, Browser, verwendete Plugins und Spracheinstellungen usw.

Diese Einzelinformationen mögen für sich genommen irrelevant erscheinen, doch in ihrer Gesamtheit bilden sie einen Teil des semi-eindeutigen Profils Ihres Geräts. Forschungsergebnisse der Electronic Frontier Foundation zeigen, dass nur einer von 286.777 Browsern dieselbe exakte Konfiguration (oder „Fingerabdruck“) aufweist.

Die EFF bietet einen Dienst namens Panopticlick an, der die Eindeutigkeit Ihres Browser-Fingerabdrucks ermittelt. Diese Seite verdeutlicht, dass unsere Computerkonfigurationen einzigartiger sind, als wir vielleicht annehmen, und es Dritten somit leicht machen, uns zu verfolgen.

Ist Online-Privatsphäre überhaupt realistisch?

Was elektronischer „Datenschutz“ wirklich bedeutet und ob dieser im Internet überhaupt realisierbar ist, sind wichtige Fragen, denen man nachgehen sollte.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Online-Privatsphäre, dass wir kommunizieren und surfen können, ohne dass ein externer Dritter unsere Aktivitäten beobachtet. Derzeit stehen wir einer Vielzahl potenzieller Hindernisse gegenüber.

Was ist mit den Betreibern Ihres Netzwerks und Ihrem ISP? Und vergessen Sie nicht die Regierung. Auch die Ad-Tech-Branche liefert durch ausgeklügelte Tracking-Systeme, einschließlich des bereits erwähnten Fingerprinting-Ansatzes, zielgerichtete Werbung.

Das Internet ist ein Panoptikum. Die VPN-Branche verspricht zwar Datenschutz, wenn Sie in ihre Produkte investieren, doch es gibt kein Allheilmittel. Wahre Privatsphäre scheint illusorisch. Das Beste, was Sie erreichen können, ist etwas, das sich diesem Ideal annähert. Um dorthin zu gelangen, müssen Sie unweigerlich Zeit und Geld investieren und bereit sein, ein verschlechtertes Surferlebnis in Kauf zu nehmen.

Möchten Sie verhindern, dass Ihr Netzwerkadministrator Ihre Aktivitäten verfolgt? Dann benötigen Sie ein VPN – und stellen Sie sicher, dass dieses keine Protokolle führt. Was aber ist mit Trackern? Hierfür brauchen Sie ein Browser-Plugin. Um wirklich sicher zu sein, müssten Sie JavaScript vollständig deaktivieren. Das würde zwar viele Webseiten an der korrekten Funktion hindern, aber auch diese lästigen Fingerprinting-Skripte stoppen.

Das sind extreme Maßnahmen, die wir aus offensichtlichen Gründen nicht empfehlen würden. Dennoch verdeutlichen sie die Tatsache, dass Online-Privatsphäre kein Schwarz-Weiß-Thema ist. Es ist vielmehr ein Spektrum mit verschiedenen Schattierungen.