Die Online-Welt: Keine Anonymität
Das Internet ist keineswegs ein anonymer Raum. Bei jeder Online-Aktivität hinterlassen Sie digitale Spuren, die Rückschlüsse auf Ihre wahre Identität zulassen. Einige dieser Spuren sind unbedeutender, andere jedoch, wie Ihre IP-Adresse, sind von erheblicher Bedeutung. Sie stellt eine zentrale Komponente dar, die es Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, Ihre Identität zu ermitteln.
Was sind IP-Adressen?
Bevor wir uns mit den praktischen Anwendungen befassen, ist es wichtig, die grundlegende Definition einer IP-Adresse zu verstehen. Im Wesentlichen handelt es sich um eine numerische Kennung, die jedem Gerät in einem Netzwerk zugewiesen wird. Es existieren zwei Hauptformen von Adressierungssystemen: IPv4 und IPv6.
Darüber hinaus unterscheidet man zwischen zwei Kategorien von IP-Adressen: private und öffentliche. Private IP-Adressen werden innerhalb von abgeschlossenen Netzwerken verwendet, wie beispielsweise Ihrem heimischen WLAN. Ihr Router vergibt jedem Gerät in diesem Netzwerk eine eigene, eindeutige Kennung, um die Kommunikation zwischen Geräten wie Ihrem PC und Ihrer Spielekonsole zu ermöglichen.
Auf der anderen Seite werden öffentliche IP-Adressen im gesamten Internet verwendet. Ihr Internetdienstanbieter (ISP) vergibt Ihnen eine solche Adresse, die entweder statisch oder dynamisch sein kann.
Statische IP-Adressen bleiben konstant und sind mit einer Telefonnummer vergleichbar. Sie bleiben unverändert, solange Sie sich nicht bewusst für eine neue entscheiden. Diese Adressen werden häufig für Server verwendet, da diese eine stets gleichbleibende Adresse benötigen.
Dynamische IP-Adressen werden häufiger in privaten und gewerblichen Umgebungen verwendet. Anders als statische Adressen ändern sie sich regelmäßig. Ihr ISP kann Ihnen täglich eine neue IP-Adresse zuweisen. Diese sind kostengünstiger und einfacher für ISPs zu verwalten.
Protokollierung durch Webseiten
Die meisten Webseiten speichern detaillierte Protokolle über ihre Besucher. Diese Protokolle geben Auskunft darüber, wie die Seite von Dritten genutzt wird. Dies ist entscheidend für die Analyse und Optimierung der Webseite.
Nehmen wir an, eine Plattform wie Facebook oder Dropbox wird für eine Straftat missbraucht. Eine Person erstellt ein gefälschtes Konto, um Inhalte zu verbreiten, die gegen lokale Gesetze verstoßen.
Die Strafverfolgungsbehörden können die Identität dieser Person ermitteln, indem sie den jeweiligen Dienstanbieter der mit dieser Aktivität verknüpften IP-Adresse auffordern, die Daten preiszugeben. Eine solche Vorladung ist ein juristisches Instrument, mit dem Einzelpersonen oder Unternehmen zur Herausgabe von Beweismitteln verpflichtet werden, bei Nichtbeachtung drohen Strafen.
Nachdem die IP-Adresse ermittelt wurde, sind zusätzliche Informationen erforderlich, um die tatsächliche Person zu identifizieren. IP-Adressen identifizieren Geräte, nicht direkt Personen. Um dieses Hindernis zu überwinden, müssen die Ermittler zunächst feststellen, welcher ISP die Adresse vergibt.
Diese Ermittlung ist leichter als man annehmen mag. ISPs verfügen üblicherweise über Blöcke oder Pools von IP-Adressen. Diese sind in öffentlichen Datenbanken registriert, die von RIRs (Regional Internet Registry) verwaltet werden. Es existieren fünf Registrierungsstellen, von denen jede die Verwaltung der IP-Adressen in ihrer Region übernimmt. Die Bestimmung des ISPs erfordert lediglich die Eingabe der IP-Adresse in die entsprechende Datenbank.
Eine Suche nach „IP-Lookup“ in Suchmaschinen führt zu zahlreichen Webseiten, die diese Informationen zur Verfügung stellen. Sie können auch das Kommandozeilen-Tool Whois verwenden, um dieselben Ergebnisse zu erzielen.
Protokollierung bei ISPs
Nachdem der ISP identifiziert wurde, wird erneut eine Vorladung ausgestellt. Wie bereits erwähnt, werden hierdurch Einzelpersonen oder Unternehmen dazu gezwungen, Beweismittel vorzulegen. Bei Nichterfüllung können Geld- oder Freiheitsstrafen verhängt werden.
Die Ermittlungsbehörden erhalten Zugang zu den Namen und Adressen der Abonnenten und können ihre Ermittlungen fortsetzen.
Doch was geschieht, wenn Ihr ISP dynamische Adressen verwendet? Dies stellt kein Problem dar, da ISPs, ähnlich wie Webseiten, Protokolle führen. Aus den Aufzeichnungen ist ersichtlich, welcher Abonnent zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten IP-Adresse verknüpft war.
Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass der Täter identifiziert ist. Wenn die Straftat über ein öffentliches WLAN verübt wurde, können die Behörden die Aktivität nur bis zu diesem Zugangspunkt zurückverfolgen. Jedoch können Überwachungskameraaufnahmen beispielsweise verwendet werden, um zu ermitteln, wer diese Einrichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt besucht oder benutzt hat.
Die Urheberrechtsermittler
Es ist wichtig zu beachten, dass Strafverfolgungsbehörden nicht die einzigen Organisationen sind, die IP-Adressen mit Namen verknüpfen. Anwälte oder Agenturen, die für Unterhaltungsunternehmen arbeiten, sammeln häufig IP-Adressen, die für das Herunterladen von Raubkopien verwendet werden. Diese leiten Vorladungen an ISPs für die Kontaktdaten der betreffenden Kunden weiter.
Es ist möglich, Ihren Internetverkehr durch die Nutzung von Tor oder eines VPN zu anonymisieren. Viele VPN-Anbieter behaupten sogar, keine Nutzungsprotokolle zu speichern, was jedoch schwer unabhängig zu überprüfen ist.
Die Verkettung von VPNs (die wahre Bedeutung des „Bouncens“ Ihres Signals um die ganze Welt) erschwert die Verfolgung zusätzlich. Die Behörden können lediglich die IP-Adresse des ersten VPN-Unternehmens verfolgen, das möglicherweise zur Herausgabe von Protokollen gezwungen wird, welche möglicherweise gar nicht existieren. Wenn sich der Täter über einen anderen VPN-Anbieter verbindet, müssen die Ermittlungsbehörden sich durch mehrere Unternehmen arbeiten, um die Details zu ermitteln.
Die Verfolgung von IP-Adressen ist nicht die einzige Methode, um Online-Straftäter zu fassen. Ross Ulbricht, der Betreiber des Dark-Web-Marktplatzes Silk Road, wurde beispielsweise erwischt, nachdem er seinen echten Namen in einem Online-Forum preisgegeben hatte.