Viele kennen wahrscheinlich schon Inbox, die neue E-Mail-Anwendung von Gmail für iOS und Android. Man fragt sich vielleicht, warum Gmail eine weitere E-Mail-App für diese beiden Plattformen veröffentlicht hat, wo doch bereits seit Jahren eine sehr gute E-Mail-App existiert. Ich habe mir die neue App genauer angesehen und auch ihre Daseinsberechtigung, die ich durchaus nachvollziehen kann. Inbox unterstützt mehrere Konten und basiert auf dem Material Design, das auf iOS sehr gut funktioniert. Ein Missverständnis, das wir bezüglich Inbox ausräumen sollten, ist, dass es sich nicht nur um einen E-Mail-Client, sondern auch um eine Erinnerungs-App handelt. Die Erinnerungsfunktion ist dabei eine wirklich interessante Funktion, auf die wir später noch genauer eingehen werden. Der Zugriff auf die App erfolgt weiterhin nur auf Einladung.
Erinnern Sie sich an die Posteingangsregisterkarten, die vor einiger Zeit in E-Mails eingeführt wurden? Die Gmail-App behandelt diese als Kategorien und hält diese E-Mails aus Ihrem Hauptposteingang heraus. Inbox verfolgt hier einen anderen Ansatz: E-Mails, die diesen Kategorien zugeordnet sind, erscheinen auf dem Hauptbildschirm, werden aber nicht mit den primären Posteingangs-E-Mails vermischt. Die Benutzeroberfläche wirkt auf einem Smartphone etwas überladen, die Web-Oberfläche ist jedoch recht ansprechend.
Die Navigationsleiste bietet einige sehr interessante Optionen, und hier wird deutlich, was Inbox von Gmail unterscheidet. Die Registerkarten „Schlummern“ und „Erledigt“ sind nicht für Aufgaben oder normale Erinnerungen gedacht (obwohl Sie sie so nutzen können, wenn Sie möchten). Inbox ermöglicht es Ihnen, E-Mails zu „schlummern“ und Erinnerungen dafür einzurichten. Dieses Konzept ist nicht völlig neuartig. Wir haben bereits die Chrome-Erweiterung Sortd getestet, die Ähnliches bot, aber Gmail geht mit seinen Erinnerungsoptionen noch weiter.
Wenn Sie auf die schwebende Plus-Schaltfläche tippen, werden Schaltflächen für die drei meistkontaktierten Personen per E-Mail, eine Erinnerungsschaltfläche, eine Einladungsschaltfläche und eine Verfassen-Schaltfläche angezeigt. Wenn Sie auf eine empfangene E-Mail tippen, sehen Sie oben neue Schaltflächen, die in der Gmail-App nicht zu finden sind. Sie dienen zum Anheften der E-Mail, zum Schlummern und zum Markieren als „erledigt“.
Was ist der eigentliche Zweck von Inbox?
Inbox dient nicht primär dem Abrufen von E-Mails, sondern dem Beantworten von E-Mails. Es hilft Ihnen, sich daran zu erinnern, E-Mails zu beantworten und schnell E-Mails an die wichtigsten Personen in Ihren Kontakten zu senden. Jede (wichtige) E-Mail wird als Aufgabe behandelt. Viele denken vielleicht, Inbox diene der besseren E-Mail-Organisation, aber wenn man es ein paar Tage lang nutzt, stellt man fest, dass es keine besonderen E-Mail-Verwaltungsfunktionen bietet. Mit Labels gibt es nichts Besonderes zu tun, und auch Ihre Posteingangskategorien sind keine separaten Registerkarten mehr.
Die Erinnerungs- und Schlummerfunktion sollen Sie daran erinnern, E-Mails zu beantworten. Es adressiert ein weit verbreitetes Problem: Sie sind unterwegs und erhalten eine wichtige E-Mail, die Sie erst beantworten können, wenn Sie an Ihrem Schreibtisch sitzen. Sie kehren ins Büro oder nach Hause zurück und haben es vergessen, bis es zu spät ist (oder Sie im Bett liegen). Oder vielleicht haben Sie diese E-Mail während einer Besprechung erhalten oder bevor Sie die notwendigen Informationen für die Antwort hatten. Es gibt viele Gründe, warum die Antwort auf eine E-Mail verschoben wird, und es gibt viele Apps, Erweiterungen und Dienste, die Ihnen bei diesen verschobenen E-Mails helfen sollen. Inbox ist Googles Interpretation davon, und ich muss sagen, sie ist ziemlich gelungen.
Ist Inbox für jeden geeignet?
Die kurze Antwort lautet: Nein. Ich behaupte nicht, dass es für manche in Ordnung ist, zu vergessen, eine E-Mail zu beantworten, während es für andere nicht in Ordnung ist. Das Vergessen einer E-Mail passiert, wenn der Posteingang bis zum Rand gefüllt und mit E-Mails überladen ist. Inbox ist für Leute gedacht, die viele wichtige E-Mails erhalten, z. B. im Kundensupport, Leute, die für Aufgaben und Tickets verantwortlich sind oder die den ganzen Tag von vielen verschiedenen Anfragen überfordert sind und Hilfe benötigen, um mit ihren E-Mails Schritt zu halten.
Das bedeutet, dass Inbox für jemanden im Berufsleben, der etwa fünfzig E-Mails täglich erhält, hilfreich sein kann, während die App im Privatleben völlig nutzlos sein kann, da diese Person nicht so viele wichtige Nachrichten per E-Mail erhält. Es ist eine sehr situationsbezogene App, und wenn Sie nicht dazu neigen, das Zurückrufen einer E-Mail zu vergessen, sollten Sie sich nicht dazu zwingen, die App zu verwenden oder sich daran zu gewöhnen. Die Gmail-App ist für diese Zwecke völlig ausreichend.