Der globale Ölmarkt durchlebt derzeit eine Phase erheblicher Volatilität, angetrieben durch die jüngsten geopolitischen Spannungen im Nahen Osten. Während sich der Konflikt zwischen Israel und Iran entfaltet, prüfen Analysten historische Präzedenzfälle und fundamentale Treiber genau, um die Entwicklung der Rohölpreise vorherzusagen. Die entscheidende Frage bleibt, ob der jüngste Preisanstieg einen dauerhaften Trend oder eine vorübergehende Reaktion auf erhöhte Unsicherheit darstellt.
Historische Einblicke von TD Securities
Laut einer Analyse von TD Securities erweist sich der anfängliche Einfluss solcher Konflikte auf die Ölpreise oft als vorübergehend, insbesondere wenn die Auseinandersetzung nicht zu einem breiteren regionalen Krieg eskaliert. Basierend auf Daten seit 1980 stellt der Rohstoffstratege Daniel Ghali fest, dass vergleichbare historische Ereignisse typischerweise zu kurzlebigen Preisschüben führten. Im Durchschnitt stiegen die Preise um etwa 17% und erreichten ihren Höhepunkt innerhalb von etwa 2,36 Monaten. Dieser Effekt ließ jedoch in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach, es sei denn, es gab eine direkte US-Intervention oder erhebliche Schäden an kritischer Energieinfrastruktur. Der jüngste Anstieg von WTI-Rohöl, der im Juni bereits 20% überschritten hat, stimmt mit diesen historischen Mustern überein, war aber auch teilweise auf frühere Spekulationen zurückzuführen.
Schlüsselfaktoren, die den Ausblick prägen
Die kommende Zeit, insbesondere alle Entwicklungen am Wochenende, wird entscheidend sein. Besonderes Augenmerk liegt darauf, ob es Angriffe auf wichtige Ölanlagen wie Plattformen, Pipelines oder Raffinerien gibt. Während viele Investmentbanken derzeit einen begrenzten Konflikt prognostizieren, warnen einige Energiestrategen, wie Jan Stuart von Piper Sandler, davor, die Marktfolgen zu unterschätzen, und betonen, dass eine solche Rallye einen Zustand des „Krieges“ signalisiert. Ein weiterer entscheidender Akteur, der die Entwicklung des Öls prägt, ist die OPEC. Während die Golfstaaten innerhalb des Kartells die Kapazität besitzen, einen Teil der iranischen Rohöllieferungen auszugleichen, warnt Ghali, dass die vorherrschende regionale politische Dynamik die Geschwindigkeit, mit der diese Ersatzkapazitäten freigegeben werden, erheblich einschränken könnte. Daher werden die Dauer des Konflikts, das Ausmaß etwaiger physischer Anlagenschäden und die Produktionsentscheidungen der OPEC letztendlich darüber entscheiden, ob die Ölpreise ihren Anstieg fortsetzen oder wieder zurückgehen. Vorerst bewegt sich der Markt in einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Besorgnis und Zurückhaltung.