Unerwünschte Werbeanrufe sind ein Ärgernis, das viele Menschen dazu veranlasst, Anrufe von unbekannten Nummern zu vermeiden. Besonders belastend ist dies, wenn man auf wichtige Anrufe wartet, beispielsweise nach einem Vorstellungsgespräch oder im Kundenservice. Glücklicherweise setzen sich nun Telefonanbieter aktiv mit dieser Problematik auseinander.
Neue Standards zur Entlarvung von Anruf-Spoofing
Nutzer von T-Mobile mit einem Galaxy S9 können sich bald über eine neue Funktion freuen: Bei eingehenden Anrufen wird „Anrufer verifiziert“ angezeigt, sofern T-Mobile bestätigen kann, dass die angezeigte Anrufer-ID mit der tatsächlichen Telefonnummer übereinstimmt. Diese Kennzeichnung signalisiert, dass der Anruf von T-Mobile stammt und während des Anrufs keine Manipulationen (Spoofing) oder Abfangversuche stattgefunden haben.
Diese Anrufverifizierung basiert auf den neuen Standards STIR (Secure Telephone Identity Revisited) und SHAKEN (Signature-based Handling of Asserted Information using toKENs). Im Gegensatz zu einer berühmten Martini-Zubereitung, ermöglicht STIR/SHAKEN Telekommunikationsanbietern, die Echtheit der Anrufernummer zu überprüfen. Aktuelle Anrufer-ID-Technologien bieten keine solche Validierung, und genau hier setzt STIR/SHAKEN an.
Durch die Implementierung von STIR/SHAKEN durch mehrere Netzbetreiber wird eine netzübergreifende Anrufverifizierung möglich. Dies ermöglicht die Echtheitsprüfung auch dann, wenn Anrufe von anderen Anbietern stammen.
Darüber hinaus bieten T-Mobile, Verizon und andere Unternehmen bereits Blockier-Dienste an, die auf der Grundlage von von der Community erstellten Blacklists funktionieren. Diese Dienste zur Abwehr unerwünschter Anrufe sind bei AT&T seit 2016 und bei T-Mobile seit Anfang 2017 kostenfrei. Nun hat auch Verizon angekündigt, ab März keine Gebühren mehr für die Anruffilterung zu erheben.
Möglicherweise haben Sie bereits eine Spamblockade
Software, die auf gemeinsam erstellten Spam-Listen basiert, ist weit verbreitet. Sie kann entweder über Ihren Mobilfunkanbieter abonniert oder als App auf Ihrem Smartphone installiert werden. Die umfassende Einführung des neuen STIR/SHAKEN-Standards wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Kunden von T-Mobile mit einem Galaxy S9 erleben derzeit die ersten Implementierungsphasen dieser Technologie. Für 2019 ist die Ausweitung von STIR/SHAKEN auf weitere Geräte geplant. Verizon und AT&T haben die Umsetzung ebenfalls zugesagt, jedoch ohne einen konkreten Zeitplan nach 2019 zu nennen. Sprint hat derartige Versprechungen nicht gemacht und stattdessen Kosten und Effektivität in Frage gestellt.
Auch Apple, Google und andere Smartphone-Hersteller haben sich noch nicht zu Plänen geäußert, um die Einführung des Standards zu unterstützen. Microsoft hingegen unterstützt SHAKEN/STIR und war an der Entwicklung beteiligt. Obwohl sie nicht mehr im Bereich Windows Phone aktiv sind, zeigen sie über Skype weiterhin Interesse.
STIR/SHAKEN – Vergleichbar mit HTTPS
Bei der Verwendung von STIR/SHAKEN wird bei einem Anruf zunächst ein Zertifikat an das Signal angehängt, welches die zugewiesene Nummer bestätigt. Dieses Zertifikat wird anschließend in einer verschlüsselten Datenbank auf seine Gültigkeit überprüft. Stimmt alles überein, wird der Anruf als verifiziert gekennzeichnet. Andernfalls weiß der Mobilfunkanbieter, dass es sich möglicherweise um eine gefälschte Nummer handelt.
Die Entscheidung darüber, was mit nicht verifizierten Anrufen geschieht, obliegt den jeweiligen Anbietern. Sie können den Anruf als potenziell betrügerisch markieren, eine Warnung anzeigen oder ihn blockieren.
Dieser Prozess erinnert stark an die Funktionsweise von Sicherheitszertifikaten in Webbrowsern. Dies birgt jedoch auch einen Nachteil: So wie ein Sicherheitszertifikat nicht automatisch bedeutet, dass eine Website sicher ist, garantiert eine verifizierte Anruferkennung nicht, dass es sich nicht um einen automatisierten Werbeanruf handelt.
Wenn ein unerwünschter Anrufer von einer legitimen, nicht gefälschten Nummer anruft, wird der Anruf als bestätigt angezeigt. Hier hofft man, dass von der Community erstellte Listen und Blockierfunktionen ihre Nützlichkeit beweisen werden, da automatisierte Anrufer ihre Nummern nicht mehr bei jedem Anruf beliebig ändern können.
Wie man Spam-Anrufe sofort blockieren kann
Wer kein Galaxy S9 auf T-Mobile nutzt und nicht auf die kostenfreie Verfügbarkeit des Verizon-Dienstes warten möchte, hat dennoch Alternativen. Bis zur Gebührenfreiheit von Verizon können Sie den Anruffilterdienst von Verizon abonnieren.
Zusätzlich können Sie sich in die „Nicht anrufen“-Liste eintragen (was heutzutage nur begrenzt wirksam ist) und Nummern einzeln sperren. Auf iPhones gibt es Apps wie Hiya, die Blacklists verwenden, um Betrüger zu identifizieren und zu blockieren. Android bietet integrierte Optionen sowie ähnliche Apps wie Mr.Number oder Truecaller.
Es ist jedoch zu beachten, dass Apps mit Community-basierten Blacklists möglicherweise auch legitime Anrufe blockieren können, besonders wenn Sie häufig Anrufe von unbekannten Nummern erhalten.
Dies ist nur ein Schritt in Richtung Ruhe
Leider hängt die vollständige Freiheit von unerwünschten Anrufen stark von der Fähigkeit der Netzbetreiber ab, dieses Problem zu lösen. Bisher schoben sie die Verantwortung gerne auf andere oder bestehende Gesetze.
Die Aufforderungen der FCC haben hier jedoch eine Veränderung bewirkt. Solange die Kosten für betrügerische Anrufe jedoch nicht höher sind als die damit erzielten Gewinne, werden Spammer weiter versuchen, Anrufe zu tätigen. Bis bessere Lösungen gefunden sind, ist es ratsam, unbekannte Anrufe einfach zu ignorieren.