Was ist „Project Connected Home Over IP“ für Smart Homes?

Project Connected Home over IP, ein neu gegründetes Konsortium, wurde von
Apple, Google, Amazon und der ZigBee Alliance ins Leben gerufen. Diese Gruppe strebt die Entwicklung eines einheitlichen Standards für Smart-Home-Geräte an, was eine bedeutende Entwicklung darstellt. Hier erfahren Sie, warum.

Die aktuelle Situation: Ein Wirrwarr inkompatibler Standards

Wer sich heute mit Smart-Home-Produkten auseinandersetzt, steht vor einer scheinbar endlosen Auswahl. Selbst wenn man sich bereits für smarte Glühbirnen entschieden hat, stehen weitere Entscheidungen und Fragen an.

Soll es eine Glühbirne mit Wi-Fi, Z-Wave oder ZigBee sein? Was ist mit Bluetooth-Lampen? Benötigt man eine Steuerzentrale (Hub)? Soll die Sprachsteuerung genutzt werden? Wenn ja, bevorzugt man Alexa, Google Assistant oder Siri? Und was ist mit
Thread,
OpenWeave und anderen konkurrierenden Standards? Verpasst man etwas, wenn man in diese nicht investiert?

Jeder Standard hat seine Vor- und Nachteile. Wi-Fi-Geräte ermöglichen eine schnelle, latenzarme Kommunikation, was für schnelle Reaktionszeiten sorgt. Allerdings sind sie auch energieintensiv und daher für kleine, batteriebetriebene Geräte wie Sensoren nicht optimal geeignet. Thread hingegen ist effizient und stromsparend, aber langsamer als Wi-Fi. Ideal für kleine Sensoren, aber möglicherweise nicht die beste Wahl für ein Smart Display.

Bedauerlicherweise sind diese Standards nicht kompatibel, auch wenn sie sich ähneln. ZigBee- und Wi-Fi-Geräte nutzen zwar beide das 2,4-GHz-Spektrum, können aber nicht direkt miteinander kommunizieren.

Die meisten Smart-Geräte unterstützen nur einen Funkstandard, wie ZigBee oder Wi-Fi, aber nicht beide. Andere verfolgen einen „Alles-in-eins“-Ansatz. So kann eine smarte Glühbirne beispielsweise Bluetooth und ZigBee sowie Google Assistant und Alexa unterstützen. Dieser Ansatz mag auf den ersten Blick vorteilhaft erscheinen, bringt aber auch Nachteile mit sich.

Hersteller müssen zusätzlichen Aufwand betreiben, um weitere Standards zu integrieren. Manchmal erfordert dies sogar den Einbau zusätzlicher Hardware. All dies führt zu erhöhten Entwicklungskosten, die von den Unternehmen an die Verbraucher weitergegeben werden.

Jeder neue Standard bringt auch seine eigenen Schwachstellen mit sich. Die Behebung von Mängeln mag theoretisch einfach sein, wird aber mit jedem zusätzlichen integrierten Standard schwieriger. Dies kann zu nicht behobenen Problemen führen, wenn ein Hersteller entscheidet, dass ein Update zu schwierig oder kostspielig ist. Wenn es zu viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt, ein Netzwerk aufzubauen, entstehen viele potenzielle Schwachstellen.

Der CHIP-Traum: Ein Standard für alle

Die Arbeitsgruppe Project Connected Home over IP (kurz CHIP) will dieses Problem lösen, indem sie auf einen etablierten und bewährten Standard setzt: das Internetprotokoll (IP). Ziel von CHIP ist nicht, Wi-Fi, ZigBee oder Thread zu ersetzen, sondern die Vorteile dieser Protokolle unter einem gemeinsamen Dach zu vereinen.


Ich weiß, dass Sie vielleicht schon skeptisch sind, aber schreiben Sie CHIP noch nicht ab.

Wenn ein Hersteller ein Netzwerkgerät wie einen Wi-Fi-Router oder eine Ethernet-Karte entwickelt, nutzt er das Internetprotokoll (IP) als verbindenden Standard. IP ist seit Langem etabliert, und Hersteller kennen seine Vorteile und Sicherheitsanforderungen. Das ist ein Vorteil für die Verbraucher, da es die Hardwarekosten senkt und die Sicherheit erhöht. Daher setzt CHIP für seinen vereinheitlichenden Standard auf IP.

Es ist wichtig, IP nicht mit Wi-Fi oder anderer Netzwerkhardware zu verwechseln. IP ist nicht auf ein bestimmtes Spektrum oder einen bestimmten Chipsatz angewiesen. Wenn CHIP die Einführung dieses neuen Standards vorantreiben kann, könnten Geräte mit ZigBee-, Wi-Fi- oder Bluetooth-Funkgeräten theoretisch denselben vereinheitlichenden Standard nutzen. Hersteller müssten dann weniger Ressourcen für die Entwicklung und Wartung von Smart-Home-Produkten aufwenden.

Die Idee ist nicht völlig neu. Die Thread Group arbeitet bereits seit einiger Zeit an einem ähnlichen Konzept. Grant Erickson, Präsident der Thread Group, sieht die Entwicklung positiv. In einer Erklärung sagte er:

„Wir von der Thread Group fühlen uns in zweierlei Hinsicht bestätigt. Erstens verwendet Project CHIP für die Erstellung dieses einheitlichen Anwendungsprotokolls dieselbe IP-basierte Thread Group, und zweitens hat es Thread als Netzwerkschicht für Geräte mit geringem Stromverbrauch ausgewählt. Wir glauben, dass diese Bemühungen sowohl Produktherstellern als auch Verbrauchern greifbare und bedeutende Vorteile bringen werden. Wir sind gespannt, was echte Konvergenz dem Markt bringen kann.“

Er hat recht. Wenn alle Geräte denselben IP-Standard verwenden, müssen sich Benutzer keine Gedanken über Wi-Fi, ZigBee oder Bluetooth machen. Auf Verbraucherebene sollte die Verbindung eines Geräts mit dem Smart Home unabhängig vom verwendeten Funkstandard gleich funktionieren. Der Hersteller kann dann den Funkstandard wählen, der für das jeweilige Anwendungsgebiet am besten geeignet ist, ohne sich um die Implementierung kümmern zu müssen.

Der Traum von CHIP ist, dass man Smart-Home-Geräte kaufen kann, die „einfach funktionieren“, unabhängig davon, ob man Amazon Alexa, Google Assistant, Apple Siri oder einen anderen Assistenten oder eine andere Schnittstelle nutzt.

CHIP ersetzt nicht die Benutzeroberfläche

CHIP verfolgt zwei Ziele: Die Herstellung sicherer und kompatibler Smart-Geräte zu vereinfachen und den Verbrauchern den Zugang zu Smart-Geräten zu erleichtern.

Ein Großteil der Arbeit findet im Hintergrund statt. Ähnlich wie man sich nicht darum kümmert, wie der Motor des Autos oder das WLAN-Netzwerk funktionieren, wird man sich auch nicht darum kümmern, wie das Smart Lock mit den Smart-Jalousien kommuniziert.

Da diese Arbeit im Hintergrund abläuft, ändert sich die Benutzeroberfläche nicht. Wer Google Home oder Alexa zur Steuerung seiner Smart-Geräte nutzt, wird dies weiterhin wie gewohnt tun, ohne einen nennenswerten Unterschied festzustellen. CHIP verspricht, dass die Einführung dieses Standards die bestehenden Geräte nicht beeinträchtigt, auch wenn man neue, CHIP-fähige Smart-Home-Geräte erwirbt. Dies soll den Übergang erleichtern.

Wann kommen CHIP-fähige Produkte auf den Markt?


Die CHIP-Website ist im Wesentlichen eine Textwüste.

Sie fragen sich vielleicht, wann der Standard in Geräten integriert wird. Nun, halten Sie nicht den Atem an. Im Moment ist alles, was wir haben, eine Absichtserklärung. Der Standard existiert noch nicht, und ein genauer Plan muss noch ausgearbeitet werden. Er hat noch nicht einmal einen offiziellen Namen.

Laut der Website „hat die Arbeitsgruppe das Ziel, bis Ende 2020 einen Spezifikationsentwurf und eine vorläufige Open-Source-Referenzimplementierung zu veröffentlichen.“ Das bedeutet, dass Entwickler Ende 2020 und Anfang 2021 beginnen werden, damit zu experimentieren. Tatsächliche Produkte mit CHIP-Konnektivität werden erst später auf den Markt kommen.

Wie früh diese Entwicklung noch ist, sieht man, wenn man die CHIP-Website besucht. Sie besteht im Wesentlichen aus einer Textwand mit einigen grundlegenden Aussagen und Versprechen. Die einzigen Bilder sind Logos der beteiligten Unternehmen.

Selbst die Website wirkt etwas überhastet – sie ist eine Squarespace-Seite. Bis vor kurzem konnte man noch mit der Escape-Taste zur Standard-Anmeldeseite von Squarespace gelangen.

Das bedeutet aber nicht, dass man den Standard als einen weiteren Standard abtun sollte, der keine einheitliche Lösung bringt. Hinter CHIP stehen einige der größten Namen der Smart-Home-Branche, von Google, Apple und Amazon bis hin zu IKEA und Signify (ehemals Philips Hue). Apple hat bereits angekündigt, Teile seines HomeKit Accessory Development Kit (ADK) als Open Source bereitzustellen, um den Prozess zu unterstützen.

Die Ziele von CHIP sind hochgesteckt, und kleinere Gruppen haben sich bereits an der Umsetzung dieser Ziele versucht, ohne viel Erfolg. Wenn die Giganten der Smart-Home-Branche jedoch lange genug zusammenarbeiten, um den Prozess voranzutreiben, könnte dies der Standard sein, der Smart Homes endlich für alle zugänglich macht.