In den 80er und 90er Jahren war es bei vielen IBM PC-Klonen üblich, eine als „Turbo“ bezeichnete Taste am Gehäuse zu finden. Diese Taste hatte jedoch den gegenteiligen Effekt: Sie verlangsamte den Computer. Wir gehen der Frage nach, warum diese Funktion notwendig war, wie sie funktionierte und wer sie überhaupt eingeführt hat.
Der Aufstieg der schnellen Klone
Der erste IBM Personalcomputer, der im August 1981 auf den Markt kam, war mit einem 8088-Prozessor ausgestattet, der mit einer Taktfrequenz von 4,77 MHz lief. Schon bald entwickelten Konkurrenten wie Compaq eigene, IBM-PC-kompatible Rechner, indem sie die Maschine nachbauten und Microsofts MS-DOS Betriebssystem lizenzierten.
Ein Werbefoto des IBM PC 5150 aus dem Jahr 1981.
Diese Klon-Rechner boten oft zusätzliche Funktionen zu einem günstigeren Preis, die in der PC-Serie von IBM fehlten. Einige enthielten integrierte Peripherieanschlüsse, mehr Arbeitsspeicher und Echtzeituhren, während die Softwarekompatibilität erhalten blieb. Einige der frühen Klonhersteller gingen sogar noch weiter und brachten deutlich schnellere Maschinen auf den Markt. Beispielsweise setzten einige Modelle einen 8-MHz-Intel-8086-Chip ein, der etwa zwei- bis dreimal so schnell war wie der Prozessor des ursprünglichen IBM-PCs.
Neuere PCs waren zu schnell für bestehende Anwendungen
Diese Geschwindigkeitssteigerung führte zu einem unerwarteten Problem. Die meisten Softwareentwickler hatten in den frühen 80er Jahren nicht damit gerechnet, dass der IBM PC zu einer abwärtskompatiblen Plattform werden würde oder dass seine Leistung so schnell steigen würde. Infolgedessen wurden die meisten Softwareanwendungen und Spiele, die für den IBM PC entwickelt wurden, speziell auf die 4,77-MHz-Taktfrequenz des 5150 abgestimmt. Wenn man versuchte, diese Programme mit höheren Geschwindigkeiten (wie 8 MHz oder mehr) auszuführen, wurden viele dieser frühen Programme instabil. Viele Spiele wurden unspielbar schnell.
Frühe IBM-PC-CPU-Beschleunigerkarten lösten dieses Problem durch einen physischen Schalter auf der Rückseite, der es dem Benutzer ermöglichte, zwischen der maximalen Geschwindigkeit des Beschleunigers und einem 4,77-MHz-Kompatibilitätsmodus zu wechseln. Einige PC-Klone ermöglichten sogar die Verwendung von Tastaturkürzeln auf BIOS-Ebene, wie z. B. Strg+Alt+Plus oder Strg+Alt+Backslash, um zwischen den CPU-Geschwindigkeitsmodi umzuschalten.
Diese Modi wurden jedoch noch nicht als „Turbo“-Modi bezeichnet. Diese Marketing-Innovation stand jedoch kurz bevor.
Die Einführung des Eagle PC Turbo (und des Turbo-Buttons)
Etwa im Juli 1984 brachte ein PC-Klonhersteller namens Eagle Computer in Los Gatos, Kalifornien, eine neue Produktlinie namens Eagle PC Turbo auf den Markt. Jedes Modell verfügte über eine schnelle 8-MHz-8086-CPU und ein neues Feature: einen Turbo-Button auf der Vorderseite. Durch Drücken dieser Taste schaltete der Computer zwischen 8 und 4,77 MHz Taktfrequenz um.
Die Medien erkannten, wie neuartig die Innovation von Eagle zu dieser Zeit war. In der Ausgabe vom 11. Dezember 1984 schwärmte das PC Magazine von der Geschwindigkeit des Eagle PC Turbo:
„Er ist tatsächlich so schnell, dass Eagle einen Druckknopf an der Vorderseite einbauen musste, um den Betrieb zu verlangsamen, indem zusätzliche Wartezeiten eingefügt werden, falls dies für die PC-Kompatibilität erforderlich ist.“
Dieser Artikel enthält auch das einzige bekannte Foto des Eagle PC Turbo und seines bahnbrechenden Turbo-Buttons, das im Internet verfügbar ist.
Auch das PC Tech Journal berichtete in seiner Ausgabe vom Juli 1984 über die Einführung der Eagle PC Turbo-Serie:
„Die 8086-basierte Maschine hat eine ‚Turbo‘-Taste auf der Vorderseite. Durch Drücken dieser Taste wechselt das Gerät von der PC/XT-kompatiblen Taktrate von 4,77 Mhz auf 8 Mhz.“
Es ist möglich, dass ein anderer Hersteller den Begriff „Turbo-Button“ vor Eagle Computer verwendet hat. Nach einer gründlichen Durchsicht von Computerzeitschriften aus den frühen 1980er Jahren halten wir dies jedoch für unwahrscheinlich.
Das Wort „Turbo“ ist eine Abkürzung für „Turbolader“, der Verbrennungsmotoren beschleunigt. In den 80er Jahren war es in Marketingabteilungen üblich, das Wort „Turbo“ zu verwenden, um zusätzliche Geschwindigkeit oder Leistung anzudeuten. Kein Hersteller würde jemals einen großen Knopf mit der Aufschrift „Slow“ auf der Vorderseite seines neuen, schnellen PCs anbringen, daher war „Turbo“ eine clevere Wahl von Eagle.
Einige Jahre nach der Einführung des Eagle Turbo PC (als beschleunigte PC-Klone billig genug wurden, um für den Massenmarkt interessant zu sein), wurde „Turbo“ plötzlich zum gängigen Branchenbegriff für diese Funktion zur CPU-Verlangsamung. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass andere PC-Hersteller sie kopierten und in handelsübliche PC-Gehäuse und Mainboards anderer Hersteller integrierten.
1988 waren Turbo-Buttons allgegenwärtig.
Der Turbo-Button erlangte große Popularität
Drei Beispiele für typische 386-Ära PC-Gehäuse mit Turbo-Tasten.
Anfang bis Mitte der 1990er Jahre stiegen die durchschnittlichen CPU-Taktraten von IBM PC-kompatiblen Geräten sprunghaft an. Sie stiegen von etwa 16 MHz auf etwa 100 MHz, mit Zwischenschritten bei 20, 33, 40 und 66 MHz. Dies machte Turbo-Tasten unerlässlich, um frühe PC-Spiele zu spielen, von denen viele zu dieser Zeit noch nicht einmal ein Jahrzehnt alt waren.
Einige PC-Gehäuse enthielten sogar eine zweistellige segmentierte LED-Anzeige, die beim Drücken des Turbo-Buttons zwischen der numerischen Turbo- und der Nicht-Turbo-Taktrate wechselte. Interessanterweise war diese Funktion oft auf dem LED-Modul selbst konfigurierbar. So konnten beliebige Zahlen angezeigt werden, was beweist, dass dies eher ein Marketing-Gag war.
Moderne Software machte den Turbo-Button überflüssig
Irgendwann begannen die meisten Softwareentwickler, neue Software zu entwickeln, die die CPU-Geschwindigkeitserhöhungen berücksichtigte. Diese Programme würden die Taktrate des Systems messen und bei Bedarf eine Verzögerung einführen, um das Programm im gewünschten Tempo laufen zu lassen. Dies funktionierte auch dann, wenn man das Programm auf einem viel schnelleren Prozessor ausführte, der erst nach dieser bestimmten Software auf den Markt kam.
Als diese Programme zum Mainstream wurden und ältere Software aus den 1980er Jahren seltener verwendet wurde, nutzten immer weniger Menschen Turbo-Buttons.
Rund um die Pentium-Ära Mitte bis Ende der 1990er Jahre verzichteten viele generische PCs und selbstgebaute PC-Gehäuse auf Turbo-Buttons. In der damaligen Welt der Standard-PCs mit geringen Margen verschwanden alle unnötigen Funktionen in der Regel recht schnell, um Kosten zu sparen.
Bis zum Jahr 2000 war der Turbo-Button auf neuen Maschinen praktisch ausgestorben. Wenn Menschen zu dieser Zeit DOS-Programme verlangsamen wollten, verwendeten sie oft Softwareanwendungen wie Mo’Slo oder CPUKILLER.
Das Zeitalter des Turbo war vorüber, aber das Übertakten von CPUs für den Verbrauchermarkt stand unmittelbar bevor. Es hat ein für alle Mal bewiesen, dass ein echter „Turbo-Modus“, der Maschinen tatsächlich beschleunigt, anstatt sie zu verlangsamen, durchaus möglich ist.