Nachdem Apple dreizehn Iterationen von iOS durchlaufen hat, revolutioniert es nun den Startbildschirm durch die Einführung von Widgets in iOS 14 und iPadOS 14. Ein komplett neues Framework ermöglicht es Entwicklern, innovative Widget-Typen zu entwerfen. Doch es steckt mehr dahinter, als man auf den ersten Blick erkennen mag.
Widgets erobern den Homescreen
Apple hat bereits in iOS 10 Widgets für das iPhone eingeführt. Diese waren jedoch auf die „Heute“-Ansicht beschränkt, die man durch Wischen nach rechts auf dem Sperrbildschirm oder dem Startbildschirm erreichte.
Trotzdem entwickelten sich Widgets zu nützlichen Werkzeugen, die viele iPhone- und iPad-Nutzer schätzten.
Mit iOS 14 ändert sich dies grundlegend. Die Widgets ziehen auf den Startbildschirm um. Dies ist neben der neuen App-Bibliothek die größte Veränderung am Startbildschirm. Die „Heute“-Ansicht bleibt zwar erhalten und Widgets können dort weiterhin genutzt werden, aber das Hinzufügen von Widgets hat sich komplett verändert.
Wenn man jetzt auf eine freie Stelle auf dem Startbildschirm tippt, um in den Bearbeitungsmodus zu gelangen, findet man in der oberen rechten Ecke eine „+“-Schaltfläche.
Ein Klick darauf öffnet eine Widget-Auswahl, die alle verfügbaren Widgets auf dem Gerät anzeigt – sowohl von Apple selbst als auch von Drittanbieter-Apps – zusammen mit einer Vorschau.
Nach Auswahl eines Widgets und einer passenden Größe kann man es einfach über die Schaltfläche „Widget hinzufügen“ dem aktuellen Bildschirm hinzufügen.
Das Widget lässt sich dann frei positionieren. Allerdings ist es nicht ganz frei. Im Gegensatz zu Android ist es unter iOS nach wie vor nicht möglich, Symbole und Widgets völlig beliebig auf dem Bildschirm zu platzieren.
Symbole und Widgets ordnen sich weiterhin von oben links nach unten rechts an. Und ja, Widgets passen sich automatisch an den Dunkelmodus an.
Nicht die Widgets, die man kennt
Das ist die gute Nachricht. Nun zur weniger erfreulichen. Obwohl Widgets nun auf dem Startbildschirm verfügbar sind, sind es nicht die Widgets, die man in den vergangenen Jahren genutzt und geschätzt hat.
Möchte ein Entwickler Homescreen-Widgets für iOS 14 entwickeln, muss er das neue WidgetKit-Framework verwenden, das auf der Swift-Benutzeroberfläche basiert. Dieses unterstützt jedoch derzeit keine Interaktion oder Live-Updates. Die neuen Widgets sind daher primär auf die schnelle Anzeige von Informationen ausgelegt, ähnlich den Komplikationen auf der Apple Watch unter watchOS.
Links: Widgets vor iOS 14. Rechts: iOS 14-Widgets.
Dies bedeutet, dass man keine Taschenrechner- oder Zeiterfassungs-Widgets in iOS 14 finden wird. Auch das Musik-Widget in iOS 14 hat daher keine Wiedergabesteuerung.
Die einzige Ausnahme stellt die Shortcuts-App dar – aber auch diese ist tief in das Betriebssystem integriert. Das Shortcuts-Widget funktioniert unabhängig. Tippt man auf einen Shortcut, wird er direkt ausgeführt, ohne die App zu öffnen. Falls der Shortcut interaktive Elemente beinhaltet, werden diese in einem schwebenden Fenster oben auf dem Bildschirm angezeigt.
Die älteren Widgets wurden von Apple offiziell eingestellt. Sie funktionieren zwar noch und können in der „Heute“-Ansicht verwendet werden, lassen sich aber nicht mehr dem Startbildschirm hinzufügen. Es ist unklar, wann oder ob Apple den Support für diese Widgets vollständig einstellen wird.
Ein Blick in die Zukunft
Es ist offensichtlich, dass sich die Art der Widgets ab iOS 14 und darüber hinaus ändert. Apples Begründung für diese Änderung scheint Übersichtlichkeit und Energieeffizienz zu sein. Widgets sollen dem Nutzer auf dem Startbildschirm schnell Informationen liefern, ohne die Akkulaufzeit zu beeinträchtigen.
Widgets können zwar basierend auf einer vom Entwickler definierten Zeitleiste aktualisiert werden, aber das war es auch schon. Es bleibt zu hoffen, dass Apple bis zum nächsten Jahr eine Möglichkeit findet, Widgets interaktiv zu gestalten, ohne die Akkulaufzeit negativ zu beeinflussen.
Das Design und die Benutzeroberfläche der neuen Widgets sehen auf dem Startbildschirm hervorragend aus (deutlich besser als die alten Widgets, die kein einheitliches Design hatten).
Zudem sind die neuen Widgets in iOS 14 flexibler. Man kann mehrere Instanzen desselben Widgets in unterschiedlichen Größen verwenden. Es lassen sich auch mehrere Versionen übereinander stapeln, zwischen denen man dann einfach wechseln kann.
Da Apple in Widgets das Intent-basierte Framework (von SiriKit und Shortcuts) verwendet, lassen sich mehrere Widget-Versionen anpassen, um unterschiedliche Datentypen anzuzeigen. So können beispielsweise drei verschiedene Erinnerungs-Widgets in einem Stapel die Erinnerungen aus drei verschiedenen Listen darstellen.
So weit ist der aktuelle Stand bei Apple. Es bleibt abzuwarten, welche Möglichkeiten Entwickler mit dem WidgetKit-Framework erschließen können. Obwohl die Interaktivität verloren geht, gewinnen wir neue Widget-Typen und ein einheitliches Design-Framework.
Es ist also ein Szenario des Abwartens. Die tatsächlichen Auswirkungen der Umstellung werden sich zeigen, wenn die Entwickler im Herbst 2020 ihre eigenen Widgets veröffentlichen – und wir sehen, welche Verbesserungen (falls vorhanden) Apple am WidgetKit-Framework in iOS 15 vornimmt.
Es gibt noch viel mehr zu den Feinheiten der Widget-Funktionen in iOS 14. Mit „Smart Stacks“ lassen sich beispielsweise mehrere Widgets zu einem einzigen Stapel zusammenfassen, zwischen denen man auf dem iPhone hin- und herwischen kann. Auf diese Weise wird iOS 14 den Startbildschirm von iPhones (und iPads) verändern.