Die ersten Macs mit Apple Silicon haben einen beeindruckenden Auftritt hingelegt. Doch was bedeutet der Wechsel von Intel-Chips zu Apples eigenen ARM-Prozessoren für Windows-Software auf einem Mac? Funktioniert Boot Camp noch? Hier eine Übersicht über die wichtigsten Informationen.
Warum der M1-Chip eine Herausforderung für Windows-Software darstellt
Apples M1-Chip markiert den ersten Schritt in der Verwendung von Apple Silicon in Macs. Es handelt sich um einen speziell entwickelten ARM-Chip, der mehr Gemeinsamkeiten mit den Chips in iPhones und iPads hat als mit den Intel-CPUs, die bisher in Macs verbaut wurden.
Apple hat ein Übersetzungssystem namens Rosetta 2 integriert, das es diesen neuen Macs ermöglicht, Mac-Anwendungen auszuführen, die ursprünglich für Intel-Macs entwickelt wurden. Bestehende Mac-Apps laufen problemlos, auch ohne Anpassungen an Apple Silicon. Durch die Übersetzung entsteht zwar eine minimale Verlangsamung, aber der M1-Chip ist so leistungsstark, dass die Anwendungen im Grunde genauso gut laufen wie auf Intel-Macs. Nach einer Aktualisierung, um Apple Silicon zu unterstützen, laufen diese Apps sogar noch schneller.
Was aber passiert mit Anwendungen, die keine Mac-Apps sind?
Unterstützen M1-Macs Boot Camp?
Intel-Macs von Apple verfügen über eine Funktion namens „Boot Camp“, mit der man Windows direkt auf dem Mac installieren kann. Zum Wechseln zwischen Windows und macOS ist ein Neustart erforderlich. Windows läuft dabei auf dem Mac wie auf einem gewöhnlichen PC, da Intel Macs und PCs die gleiche Hardwarearchitektur nutzen.
Allerdings wird Boot Camp auf M1-Macs mit Apple Silicon nicht unterstützt. Boot Camp funktioniert ausschließlich auf Intel-basierten Macs. Eine Installation von Windows auf einem M1 MacBook oder Mac Mini mit Boot Camp ist daher nicht möglich.
Selbst wenn Apple Boot Camp auf M1-Macs ermöglichen würde, könnte nur die ARM-Version von Windows 10 installiert werden. Diese Version war bis November 2020 noch nicht optimal ausgereift. Sie verfügt zwar über eine Emulationsschicht, mit der Windows-Software für Intel-Chips ausgeführt werden kann, ist aber deutlich langsamer und fehleranfälliger als die Übersetzungsschicht von Mac. Zudem können noch keine 64-Bit-Intel-Windows-Anwendungen ausgeführt werden – nur 32-Bit-Programme. Microsoft arbeitet aber an Verbesserungen.
Auch wenn die Einschränkungen von Windows 10 auf ARM akzeptabel wären, stellt Microsoft die ARM-Version von Windows 10 nicht zum direkten Download für die Installation auf eigenen Geräten zur Verfügung. Windows 10 auf ARM ist ausschließlich für Gerätehersteller gedacht, die es vorinstallieren möchten.
Können virtuelle Windows-Maschinen auf M1-Macs betrieben werden?
Windows-Software kann auf Intel-Macs auch über virtuelle Maschinen ausgeführt werden. Beliebte Programme für virtuelle Maschinen sind unter anderem Parallels Desktop und VMware Fusion. Funktionieren diese auch auf einem M1 Mac?
Die Antwort lautet: Ja, aber nicht sofort. Bei der Markteinführung der M1 MacBooks im November 2020 waren diese Programme für virtuelle Maschinen noch nicht bereit für die Unterstützung dieser neuen MacBooks.
Die aktuellen Versionen von Parallels Desktop und VMware Fusion laufen nicht korrekt auf MacBooks mit Apple Silicon. Diese Anwendungen sind auf Hardware-Virtualisierungsfunktionen aktueller Intel-Macs angewiesen. Sowohl Parallels als auch VMware haben angekündigt, dass zukünftige Versionen diese Unterstützung bieten werden. VMware hat sich aber noch nicht auf einen Zeitplan festgelegt. Diese Tools müssen angepasst werden, um die neuen Chips von Apple zu unterstützen.
Die Architektur wird jedoch erneut zum Problem. Auf der WWDC 2020 demonstrierte Apple, wie Parallels eine virtuelle Maschine ohne Probleme ausführt – allerdings eine virtuelle Linux-Maschine. Hierbei handelte es sich wahrscheinlich um eine ARM-Version von Linux.
Selbst wenn die neuen Tools für virtuelle Maschinen bereit sind, scheint es, dass sie nur ARM-Betriebssysteme unterstützen werden. Parallels gibt an, dass sie „über die Ankündigung von Microsoft zur Integration von Support für x64-Anwendungen in Windows auf ARM erstaunt“ sind. Microsoft müsste Windows 10 auf ARM den Mac-Nutzern für die Installation in virtuellen Maschinen zur Verfügung stellen, um diesen Vorteil nutzen zu können. Es scheint, dass Parallels nicht daran arbeitet, Intel-Versionen von Windows auf Apple Silicon auszuführen. Dies könnte selbst bei Machbarkeit sehr langsam sein.
Funktioniert CodeWeavers CrossOver?
Hier ist eine Möglichkeit, um bestimmte Windows-Anwendungen auf einem M1-Mac zu betreiben: die Nutzung von CodeWeavers-Crossover für Mac. Diese Software basiert auf der Open-Source-Software Wine, die bekannt wurde, weil sie es Linux-Nutzern ermöglicht, bestimmte Windows-Anwendungen ohne ein Windows-Betriebssystem auszuführen.
CodeWeavers ist im Wesentlichen eine nachträglich entwickelte Kompatibilitätsschicht, die darauf ausgelegt ist, Windows-Anwendungen auf Nicht-Windows-Betriebssystemen zu starten. Es ist nicht perfekt, es unterstützt nicht jede Anwendung und Fehler sind nicht ausgeschlossen. CodeWeavers unterhält eine Datenbank, die gut funktionierende Anwendungen auflistet.
CrossOver funktioniert auf MacBooks mit Apple Silicon. Wenn es eine Windows-Anwendung auf einem Mac ausführen kann, dann sollte es die gleiche Anwendung auch auf einem Mac mit Apple Silicon ausführen können.
Sollte man einen M1 Mac kaufen, wenn man Windows benötigt?
Die M1 MacBook Air, MacBook Pro und Mac Mini von Apple sind Produkte der ersten Generation. Sie bilden die Grundlage für eine Mac-Zukunft ohne Intel-Prozessoren.
Es gibt einen Grund, warum Apple noch immer Macs mit Intel-Prozessoren verkauft. Apple Silicon Macs sind noch nicht für jeden geeignet.
Wenn man ein vollständiges Windows-Betriebssystem via Boot Camp oder in einer virtuellen Maschine benötigt, dann sind diese M1 MacBooks die falsche Wahl. Wer einen neuen Mac benötigt, sollte eher einen Intel-Mac in Betracht ziehen.
Wer jedoch von den M1 MacBooks begeistert ist, könnte einen Kompromiss eingehen. Wenn man beispielsweise mit zwei Computern leben kann, könnte man ein MacBook und einen separaten Laptop oder Desktop für seine Windows-Software verwenden. Es mag umständlich klingen, könnte aber ein besseres Nutzererlebnis sein, als ständig zwischen Systemen zu wechseln, um Boot Camp zu nutzen.
Alternativ könnte man Windows-Anwendungen auf einem Remote-Windows-PC ausführen und remote darauf zugreifen. Tatsächlich könnte dies für viele in Zukunft eine gute Lösung sein. Berichten zufolge arbeitet Microsoft an einem „Cloud PC“-Produkt, das es Unternehmen ermöglicht, ihre Anwendungen auf den Servern von Microsoft laufen zu lassen und von jedem Gerät auf diesen Desktop zuzugreifen.