Füllen von fehlenden Werten in R mit Tidyr, Fill-Funktion

Einleitung

In realen Datensätzen sind fehlende Werte ein häufig auftretendes Problem. Diese Lücken können aus verschiedensten Ursachen resultieren, wie beispielsweise nicht beantwortete Fragen in Befragungen, fehlerhafte Eingaben oder Messungenauigkeiten. Ein korrekter Umgang mit diesen fehlenden Werten ist essenziell, um Verfälschungen in statistischen Analysen und daraus resultierenden Schlussfolgerungen zu verhindern.

Die Programmiersprache R bietet zahlreiche Methoden zur Behandlung fehlender Werte. Insbesondere die Bibliothek tidyr und deren Funktion fill() erweisen sich als äußerst nützlich, um fehlende Daten auf eine übersichtliche und reproduzierbare Art zu ergänzen.

Was ist Tidyr?

Tidyr ist eine R-Bibliothek, die spezielle Werkzeuge für die Datenmanipulation bereitstellt. Sie zielt darauf ab, Daten in ein „aufgeräumtes“ Format zu bringen. In solchen „aufgeräumten“ Datensätzen repräsentiert jede Zeile eine einzelne Beobachtung und jede Spalte eine Variable. Dies erleichtert die Arbeit mit den Daten sowie die Durchführung von Analysen erheblich.

Die Funktion fill()

Die fill()-Funktion innerhalb von tidyr dient dazu, fehlende Werte innerhalb eines Datenrahmens zu ersetzen. Sie bietet eine Reihe von Optionen zur Imputation, darunter:

  • Mittelwert: Ersetzt fehlende Werte durch den Durchschnitt der vorhandenen Werte in der jeweiligen Spalte.
  • Median: Füllt die Lücken mit dem Median der nicht-fehlenden Werte der Spalte.
  • Modus: Ersetzt fehlende Einträge durch den am häufigsten vorkommenden Wert in der Spalte.
  • Konstante: Ersetzt fehlende Werte durch einen vom Benutzer definierten konstanten Wert.
  • Forward Fill: Ersetzt fehlende Werte durch den letzten nicht-fehlenden Wert in der Spalte (vorwärts auffüllen).
  • Backward Fill: Ersetzt fehlende Werte durch den nächsten nicht-fehlenden Wert in der Spalte (rückwärts auffüllen).

Anwendung der Funktion fill()

Die fill()-Funktion wird auf einen Datenrahmen angewendet, wobei die Spalten mit den fehlenden Werten sowie die gewünschte Imputationsmethode spezifiziert werden.

r
library(tidyr)
daten <- data.frame(id = 1:5, wert = c(1, 3, NA, 5, NA))
daten %>%
fill(wert, .direction = "down")

Ausgabe:


id wert
1 1 1
2 2 3
3 3 3
4 4 5
5 5 5

In diesem Beispiel werden die fehlenden Werte der Spalte wert durch den jeweils vorhergehenden Wert ersetzt (nach unten auffüllen).

Zusätzliche Optionen

Die fill()-Funktion bietet neben den bereits genannten Optionen weitere Anpassungsmöglichkeiten:

  • .sparse: Legt fest, ob spezielle Algorithmen für Datensätze mit vielen fehlenden Werten angewendet werden sollen.
  • .pad: Definiert, ob fehlende Werte am Anfang oder Ende einer Spalte gefüllt werden sollen.
  • .group_by: Ermöglicht das separate Ausfüllen fehlender Werte für einzelne Gruppen.

Zusammenfassung

Die fill()-Funktion in tidyr ist ein mächtiges Werkzeug zur Imputation fehlender Werte in R-Datensätzen. Sie bietet eine breite Palette von Imputationsmethoden und Anpassungsoptionen. Durch die Verwendung von tidyr und fill() können Datenanalysten fehlende Werte auf strukturierte und reproduzierbare Weise behandeln, um akkurate und verlässliche Analysen zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

1. Wie kann man mehrere Spalten gleichzeitig ausfüllen?
Mehrere Spalten lassen sich gleichzeitig ausfüllen, indem man sie als Argumente an die fill()-Funktion übergibt.

r
daten %>%
fill(wert1, wert2, .direction = "down")

2. Wie können fehlende Werte durch eine benutzerdefinierte Konstante ersetzt werden?
Fehlende Werte können durch eine benutzerdefinierte Konstante ersetzt werden, indem man die Option .value benutzt.

r
daten %>%
fill(wert, .value = 0)

3. Kann man fehlende Werte nur für bestimmte Beobachtungen ausfüllen?
Ja, fehlende Werte können nur für bestimmte Beobachtungen ausgefüllt werden, indem die Option .group_by verwendet wird.

r
daten %>%
group_by(id) %>%
fill(wert, .direction = "down")

4. Wie kann man überprüfen, ob fehlende Werte erfolgreich gefüllt wurden?
Man kann die Funktion is.na() nutzen, um zu prüfen, ob alle fehlenden Werte erfolgreich ersetzt wurden.

r
is.na(daten$wert)

5. Was ist der Unterschied zwischen Mittelwert und Median bei der Imputation fehlender Werte?
Der Mittelwert berücksichtigt alle nicht-fehlenden Werte in der Spalte, während der Median lediglich den mittleren Wert der vorhandenen Werte berücksichtigt. Der Mittelwert reagiert empfindlich auf Ausreißer, während der Median gegenüber solchen Ausreißern robuster ist.

6. Warum ist es wichtig, sich mit fehlenden Werten auseinanderzusetzen?
Der Umgang mit fehlenden Werten ist essenziell, um Verzerrungen in statistischen Analysen und Schlussfolgerungen zu vermeiden. Fehlende Daten können die Stichprobengröße verringern und zu falschen Ergebnissen führen.

7. Gibt es andere R-Pakete zur Imputation fehlender Werte?
Ja, es existieren weitere R-Pakete zur Behandlung fehlender Werte, wie z.B. mice und Amelia.

8. Wie können fehlende Werte in einem Datenrahmen mit hierarchischen Daten gefüllt werden?
Zur Imputation fehlender Werte in einem Datenrahmen mit hierarchischen Daten kann die Option .group_by in Verbindung mit der Funktion nest() aus dem Paket tidyr verwendet werden.

r
daten %>%
nest(-id) %>%
mutate(daten = map(daten, ~ . %>% fill(wert, .direction = "down"))) %>%
unnest()