Man benötigt weder Gesangstalent noch Instrumentenkenntnisse oder Notenlesefähigkeiten, um Musik zu machen. Ein iPhone oder iPad verwandelt sich in eine mobile Produktionssuite, ein Aufnahmestudio und ein Mischpult in einem.
Musikproduktion mit den passenden Apps
iPhone- und iPad-Nutzern steht eine beeindruckende Auswahl an Apps zur Verfügung, besonders im Bereich der Musikproduktion. Die Weiterentwicklung der Plattform ist bemerkenswert benutzerfreundlich, und Apples Implementierung von Audiotechnologien mit geringer Latenz hat iOS zu einer bevorzugten Plattform für mobile Musikproduzenten gemacht.
Eine der zugänglichsten Apps ist Apples GarageBand. Diese kostenlose Digital Audio Workstation (DAW) ermöglicht es, Musik abzuspielen, aufzunehmen und zu programmieren. Sie ist ideal für das Experimentieren mit virtuellen Instrumenten, kann aber auch als mobiles Aufnahmestudio, virtueller Gitarrenverstärker und Schlagzeugmaschine für Übungseinheiten dienen. Eigene Kreationen können exportiert und mit GarageBand für Mac (ebenfalls kostenlos) bearbeitet werden.
Für elektronische Musik, Hip-Hop und technische Genres ist auxy eine hervorragende Wahl, die Benutzerfreundlichkeit mit Leistung vereint. Die Basisversion ist kostenlos, ein optionales Monatsabonnement für 4,99 $ bietet Zugang zu zusätzlichen Samples, Instrumenten und regelmäßigen Updates. Der Einstieg in Auxy ist sehr einfach und es gibt eine aktive Community von Musikern, die ihre Tracks teilen und sich gegenseitig auf dem Auxy-Disco Forum unterstützen.
KORG Gadget 2 ist eine weitere leistungsstarke Produktionsumgebung. KORG ist bekannt für professionelle Instrumente, Synthesizer und Sequenzer. Gadget nutzt viele dieser Sounds und bietet im Gegensatz zu Auxy volle Unterstützung für MIDI-Controller. Gadget ist besonders gut auf dem iPad aufgehoben, dank der „Mixing Desk“-Oberfläche.
Musikmachen muss nicht immer ein ernsthafter kreativer Prozess sein. Mit Apps wie Figure kann man auch spielerisch ein paar Minuten verbringen. Durch das Antippen und Ziehen auf den Pads werden Tonhöhe und Klang manipuliert. In kurzer Zeit kann man Drum-Loops erstellen, Basslinien legen und eingängige Melodien improvisieren. Figure sorgt für kurzweiligen Spaß.
Dies ist nur eine kleine Auswahl der verfügbaren Produktionsumgebungen. Der App Store bietet eine große Auswahl an virtuellen Instrumenten, Synthesizern und Drumcomputern. Einige der herausragenden Apps sind:
Animoog – ein eigenständiger, berührungsfreundlicher Synthesizer von Moog.
iSEM – eine präzise Nachbildung des Oberheimer SEM von 1974.
Modell 15 – Moogs erster modularer Synthesizer für iOS, eine beeindruckende Umsetzung des originalen Model 15.
KORG iKaossilator – eine Softwareversion von KORGs Kaossilator XY Pad.
Fingerlab DM-1 – eine spezialisierte Drum-Machine und ein Beat-Sequenzer im Taschenformat.
Einige dieser Apps sind kostenlos, während andere kostenpflichtig sind. Viele werden aber gelegentlich im Angebot sein. Es lohnt sich, den App Store mit Hilfe von Diensten wie AppShopper im Auge zu behalten, um gute Angebote zu finden.
Instrumente und Mikrofone mit iOS nutzen
Viele iOS-Synthesizer und DAWs sind kompatibel mit echten Instrumenten, wie Keyboards, Gitarren, Mikrofonen und Audio-Interfaces.
MIDI-Keyboards
Viele USB-MIDI-Keyboards sind sofort mit iOS kompatibel. Für beste Ergebnisse sollte man jedoch ein Keyboard kaufen, das explizit mit iOS beworben wird. Einige Beispiele für iOS-fähige Keyboards sind das ultrakompakte KORG MicroKEY 25, das batteriebetriebene Akai LPK 25, und das M-Audio Keystation 88 in voller Größe.
Wenn bereits ein MIDI-fähiges Keyboard vorhanden ist, kann ein günstiges MIDI-Interface wie das iConnectMIDI1 Lightning oder iRig MIDI 2 genutzt werden, um es mit dem iPhone oder iPad zu verbinden. Diese Interfaces funktionieren meist auch mit Windows, macOS und teilweise sogar mit Android.
Gitarren-Interfaces
Um eine Gitarre mit iOS-Musik-Apps aufzunehmen oder zu verwenden, wird ein passendes Interface benötigt. Einfache analoge Interfaces wie das iRig 2 sind kostengünstig und liefern ein analoges Rohsignal, das ideal zum Jammen oder für Demoaufnahmen ist.
Für eine höhere Klangqualität empfiehlt sich das iRig HD2. Der Hauptunterschied liegt in der Klangqualität, da der HD2 das analoge Signal in ein 24-Bit-Digitalsignal mit 96 kHz umwandelt. Zudem bietet er zusätzliche Eingänge und Bedienelemente.
Wenn der bestmögliche Klang erwünscht ist, lohnt sich die Investition in ein hochwertiges digitales Interface.
Mikrofone und Audio-Interfaces
Es gibt eine Vielzahl von Mikrofonen, von Lavaliermikrofonen für Interviews bis hin zu Kondensatormikrofonen für Gesang. Einige sind speziell für iOS-Kompatibilität entwickelt, wie das hochwertige Shure Motiv MV51.
Viele andere USB-Mikrofone funktionieren direkt mit iOS, vorausgesetzt, man hat das Lightning-auf-USB Kamera-Anschluss-Kit. Einige USB-Mikrofone benötigen mehr Strom und funktionieren daher nicht direkt. Die Lösung ist, einen USB-Hub mit eigener Stromversorgung zwischen Mikrofon und Lightning-auf-USB Adapter zu schalten.
Die besten Mikrofone verwenden meist XLR- oder 6,3-mm-Anschlüsse, wofür ein iOS-kompatibles Audio-Interface erforderlich ist. Das iRig Pro I/O ist ein guter Einstieg, das sowohl als Audio-Interface (für Mikrofone und Instrumente) als auch als MIDI-Interface (zur Steuerung von Synthesizern) dient. Ein ähnliches, batteriebetriebenes, tragbares Interface ohne MIDI ist das Zoom U-22.
Das Focusrite iTrack Solo ist ebenfalls eine solide Option. Es ist ein 2-Kanal-Interface mit XLR- und 6,3-mm-Eingängen. Es verfügt über Gain-Regler für beide Kanäle und einen 6,3-mm-Kopfhörerausgang für Monitoring. Wenn das Budget es zulässt, ist auch das Apogee Duett einen Blick wert.
Die richtige App für Live-Aufnahmen
Wenn ein Interface vorhanden ist, kann mit Audioaufnahmen begonnen werden. GarageBand bietet hierfür viele nützliche Funktionen. Es können Aufnahmen über einen virtuellen Gitarrenverstärker gemacht, Effekte zum Gesang hinzugefügt und sogar auf Apples umfangreiche Bibliothek lizenzfreier Sounds zugegriffen werden.
Cubasis 2 von Steinberg ist eine der professionellsten DAWs, die für die Plattform erhältlich sind. Es können beliebig viele Spuren in 24-Bit-96-kHz-Qualität aufgenommen werden. Time-Stretching und Pitch-Shifting ermöglichen das Bearbeiten der Aufnahmen. Virtuelle Instrumente, ein Mini-Sampler, 17 Effektprozessoren und über 500 Loops sind ebenfalls enthalten.
Eine weitere beliebte DAW von Drittanbietern ist Auria und die teurere Version Auria Pro. Es handelt sich um eine professionelle Aufnahme-, Misch- und Mastering-Suite für iOS. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Versionen besteht darin, dass Auria Pro MIDI-Unterstützung, virtuelle Instrumente, Quantisierung und mehr bietet. Eine vollständige Liste der Unterschiede findet man auf der Auria-Website.
Eine budgetfreundliche DAW ist Multitrack DAW. Mit dieser App können bis zu 24 Audiospuren mit nicht-destruktiver, nicht-linearer Bearbeitung aufgenommen werden. Zwar gibt es keine MIDI-Unterstützung und der Funktionsumfang ist sehr eingeschränkt, aber dies vereinfacht die Bedienung im Vergleich zu Apps wie Auria. Für Solo-Jamming eignet sich eine Loop-basierte Aufnahme-App wie Loopy.
Die meisten iOS-DAWs unterstützen AudioUnits, Plugins, die in anderen Apps ausgeführt werden können. Anstatt Apps zu verketten und mehrere Apps gleichzeitig zu nutzen, kann man mit AudioUnits alles in einer einzigen App ausführen, was die Benutzererfahrung verbessert.
Das iPhone als virtueller Gitarrenverstärker
Wenn der eigene Verstärker zu laut ist, ist ein virtueller Gitarrenverstärker eine gute Alternative. Diese ermöglichen es, mit verschiedenen Sounds zu experimentieren, ohne viel Geld für Hardware ausgeben zu müssen.
GarageBand bietet bereits eine Auswahl an Verstärkern für den Einstieg. Es können klassische Sounds durch das Drehen an Reglern und Hinzufügen von Pedalen nachgebildet werden. Die Aufnahmen können direkt in GarageBand gespeichert werden.
Es gibt auch spezielle Gitarrenverstärker-Simulatoren, die in der Regel mehr Anpassungsmöglichkeiten bieten. So lassen sich beispielsweise das verwendete „Mikrofon“ anpassen, virtuelle Vorverstärker hinzufügen und komplexe Feedback-Loops erstellen.
Einige der besten virtuellen Gitarrenverstärker sind:
STARK – modulare Verstärker-Virtualisierung mit 12 Amps, 10 Cabinets, sechs Räumen und 14 Pedalen.
JamUp – ein Multieffektprozessor für Gitarre und Bass mit einer Online-Community zum Teilen von Presets.
BIAS AMP 2 und BIAS FX – mit einer großen Auswahl an Verstärkern, Effekten und Pedalen.
ToneStack – unterstützt bis zu 64 Verstärker und Effekte in einer Kette.
iShred LIVE – kostenlos zum Einstieg (mit In-App-Käufen) für direktes Shredden.
AmpliTube – eine teure, aber etablierte virtuelle Amp-Modellierung von den Entwicklern der iRig-Reihe.
Komplexere Tools zur Musikverbesserung
Angesichts der vielen verfügbaren iOS-Musik-Apps ist eine Möglichkeit zur Verbindung wünschenswert. So kann die Ausgabe einer App (z.B. eines Synthesizers) in einer anderen (z.B. einer DAW) aufgenommen werden. Auch kann ein Eingang (z.B. eine Gitarre) über eine App (einen virtuellen Verstärker) verarbeitet und in der Lieblings-DAW aufgezeichnet werden.
Apples bisheriger Standard für diese Funktion, Inter-App Audio (IAA), wird zugunsten von Audio Units v3 aufgegeben. Mit Audio Units können Elemente einer App in einer anderen ausgeführt werden, wie ein herkömmliches VST oder AU auf Mac oder PC. Eine App, die jedoch nach wie vor relevant ist, ist AudioBus, obwohl sie keine AUv3-Unterstützung bietet.
AudioBus ermöglicht die Übertragung von Audio und MIDI von einer App zur anderen. Durch einen In-App-Kauf können App-Ketten erstellt, Pegel angepasst und Steuerelemente an MIDI-Controller gebunden werden. Ein praktisches Overlay erlaubt das Starten und Stoppen der Wiedergabe oder das Aktivieren und Deaktivieren der Effektverarbeitung, unabhängig von der verwendeten App.
Es gibt über tausend AudioBus-kompatible Apps (siehe vollständige Liste). AudioBus 3 ist für 9,99 $ im App Store erhältlich und die separate AudioBus-Fernbedienung ermöglicht die Steuerung des Setups über ein separates iOS-Gerät.
Eine Alternative zu AudioBus ist die App AudioCopy. Oft ist die AudioCopy-Funktionalität direkt in kompatible Apps integriert und funktioniert wie normales Kopieren und Einfügen. Der Unterschied ist, dass keine App-Kette zur Aufnahme erstellt wird. Stattdessen werden kleine Dateien erstellt, die in andere Apps eingefügt werden können, z.B. ein Loop von einem Drumcomputer, zur Weiterverarbeitung oder Verwendung in einer größeren Komposition.
Die Ergebnisse sprechen für sich
Gorillaz produzierten ihr Album „The Fall“ von 2010 auf einem iPad. Steve Lacy produzierte den Backingtrack für Kendrick Lamars „PRIDE“ mit iPhone-Apps und seiner Gitarre an ein altes iRig angeschlossen. Talentierte Auxy-Produzenten wie aUstin haga, phluze, Kayash und Mr. Anderson zeigen das Potenzial der Musikproduktion mit diesen Geräten.
Wer lieber Musik im Browser machen möchte, findet ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten. Es gibt viele Webseiten, die das Erstellen von Musik ohne zusätzliche Software ermöglichen.